Italien

Waldenserkirche als protestantische Minderheit

Mit der kleinen, protestantischen Waldenserkirche verbindet die Evangelische Kirche von Westfalen eine Partnerschaft nach Italien. Die Zusammenarbeit wird in gegenseitigen Begegnungen, Synodenbesuchen und in der praktischen Kooperation zum Beispiel im Schulbereich deutlich. Die Waldenserkirche wurde wegen ihres großen, sozialen Einsatzes und vor allem auf Sizilien wegen ihres Engagements gegen die Mafia bekannt.

Etwa 60 Kilometer westlich von Turin liegt das kleine Örtchen Torre Pellice. Manche nennen die 5.000-Einwohnerstadt in den cottischen Alpen auch die Hauptstadt der Waldenserkirche. Mit 27.000 Mitgliedern ist sie die bedeutendste protestantische Minderheitskirche Italiens.

In Westfalen sind wir über die Flüchtlings- und Migrationsarbeit von Mediterranean Hope und die Orangenaktion „Süß statt bitter“ mit der Waldenserkirche eng verbunden.

Im Waldenser-Freundeskreis engagieren sich Menschen aus Westfalen und dem Rheinland mit langjährigen Berufserfahrungen in Italien sowie mit der Waldenserkirche und ihren drei zentralen Werken:

Petrus Valdes (Waldes), ein reicher, französischer Kaufmann, gründete am Ende des 12. Jahrhunderts in Lyon und in Folge einer größeren Hungersnot auf dem Lande eine Armen- und Wanderpredigerbewegung, setzte sein Vermögen für Bettler und die Ausgestoßenen der Gesellschaft ein und gilt seitdem als Gründer der Waldenserkirche. Im 16. Jahrhundert schlossen sich die Waldenser dann der Reformation an.

Von Südfrankreich aus, wo sie schnell in Konflikt mit der katholischen Kirche gerieten, siedelten die Waldenser dann ins Piemont und etablierten sich als protestantische Minderheit – über Jahrhunderte verfolgt und in Religion und bürgerlichen Rechten unterdrückt – im Einflussbereich des Lyoner und Turiner Adels in den cottischen Alpentälern des Chissone-, Pellice-, Germanasca- und Angrogna-Flusses.

Erst 1848 erhielten sie von Karl Albert I., dem König von Piemont-Sardinien alle bürgerlichen Rechte und die Erlaubnis, auch in anderen Landesteilen als Waldenser zu leben. Zuvor war ihr Schicksal durch Verfolgung, Flucht nach Deutschland, Holland und Frankreich und erneuter Rückkehr in die Alpentäler gekennzeichnet.

Etwa einhundert Pfarrerinnen und Pfarrer tun in vier Distrikten in 143 Gemeinden in ganz Italien ihren Dienst. Die Waldenserkirche hat eine Union mit den Methodisten in Italien gebildet und lebt mit diesen in Kirchengemeinschaft. Über die italienische Otto-per-Mile-Steuer (OPM) bekommt die Waldenserkirche ihre größten Einnahmen. Hiermit fördert sie auch die sozial-diakonischen Projekte auf Sizilien und in den großen Städten Mailand, Rom, Turin und Palermo.

Sie unterhält eine eigene theologische Ausbildungsstätte in Rom (Facoltà Valdese di Teologia), betreibt ein eigenes Radio (Radio Beckwith), betreibt einen eigenen Verlag (Claudiana), unterhält das einzige, potestantische Gymnasium (Colegio Valdese) in Italien und unterhält verschiedene Gästehäuser und Hotels in Rom, Florenz, Venedig und auf Sizilien.

Bekannt ist auch das ökumenische Zentrum von Agape bei Turin, das „Servizio Cristiano“ von Riesi auf Sizilien und das Diakoniezentrums „La Noce“ in Palermo. Auf Sizilien hat sich die Waldenserkirche gegen die Mafia engagiert und zahlreiche Flüchtlinge aus Afrika in ihre Gemeinden integriert. Geleitet wird die Waldenserkirche von einem Exekutivkommitee, der so genannten „Tavola Valdese“, die für sieben Jahre gewählt wird.Neun Kommissionen und 32 Komitees begleiten die Arbeit der Kirche und erstatten der Synode Bericht über ihre Arbeit.

Weniger bekannt ist das Schaffen des Waldensers Paolo Paschetto, der das Leben in den Tälern als Maler dargestellt hat und auch den Entwurf für das italienische Staatswappen lieferte. Auch in Deutschland gibt es in Hessen, Würtemberg und Baden einige Waldensergemeinden. Weitere Informationen sind bei der deutschen Waldenservereinigung erhältlich. Engagiert im Rheinland und Westfalen ist der Freundschaftskreis der Waldenser.

  • LOVISA Barbro: Italienische Waldenser und das protestantische Deutschland 1655 bis 1989, Göttingen, 1995
  • KRÜGER, Jürgen/MEYER-BLANCK, Michael: Evangelisch in Rom, Göttingen, 2008
  • KIEFNER, Theo: Die Waldenser auf ihrem Weg aus dem Val Cluson durch die Schweiz nach Deutschland 1532-1755. BAND 1: Reformation und Gegenreformation im Val Cluson 1532-1730, Göttingen, 1986
  • KIEFNER, Theo: Die Waldenser auf ihrem Weg aus dem Val Cluson durch die Schweiz nach Deutschland 1532-1755. BAND 2: Vorübergehend nach Deutschland 1685-1698, Göttingen, 1986
  • ROLL, Eugen: Die Waldenser. Aufbruch in eine neue Zeit, Stuttgart, 1982
  • TOURN, Giorgio/BUNDSCHUH, Richard: Geschichte der Waldenser, Klagenfurt-Wien, 2006
  • TOURN, Giorgio: Geschichte der Waldenser-Kirche, Erlangen, 1980, 2006
  • VINAY, Tullio: Liebe, die Berge versetzt, Stuttgart, 1997

Kontakt

  • Annika Huneke
  • 0231 5409-72

  • Kirchenpartnerschaften in Europa und Amerika, Aktion “Hoffnung für Osteuropa”