Werkzeugkasten: Pre Mortem
Werkzeugkasten: Pre Mortem
Ein Pre-Mortem ist das hypothetische Gegenteil eines Post-Mortem. Beim Pre-Mortem steht die Obduktion am Anfang eines Projekts und nicht am Ende, sodass das Projekt verbessert werden kann, anstatt es erst im Anschluss an das Projektende im Detail zu obduzieren. Als Erfinder der Pre-Mortem-Methode gilt Gary Klein, ein Fachmann auf dem Gebiet der Intuition und Entscheidungsfindung.
Die Methode lässt sich in die Umsetzungsphase eines Beratungsprozesses verorten. Die Klärung der Umsetzungsschritte gehört zum integralen Bestandteil des Beratungsprozesses, um die Veränderung einzuleiten. Für die Umsetzung und der darauffolgenden praktischen Schritte bleibt das Klientensystem verantwortlich. Aber die gedankliche Vorwegnahme der Umsetzung sollte bereits in der Beratung geschehen. Mögliche Hindernisse und Komplikationen sollten schon in den Blick genommen werden. Ressourcen werden bewusst gemacht und aktiviert, die helfen könnten zur zukünftigen Überwindung von Umsetzungsschwierigkeiten.
Gemeindeberatung setzt also die Klienten in den Stand, eigenständig weiterarbeiten zu können und die geplanten Wege einzuschlagen. Hierzu gehört eine mögliche Projektplanung mit den Prozessschritten, mit den Verantwortlichen und Kommunikationswegen einschließlich der benötigten Ressourcen von Personen, Geld, Technik und Gebäuden. Um möglichen Hindernissen und Komplikationen auf die Spur zu kommen, könnte die Methode „Pre Mortem“ dienlich sein.
Schritte:
1. Katastrophe: Stellt Euch folgendes Szenario vor: Es ist das Jahr 202X. Das Projekt wurde bereits umgesetzt und ist dramatisch gescheitert.
2. Ursachenforschung: Überlegt, was schiefgelaufen sein könnte. Seid dabei ehrlich und kreativ. Verfasst Zeitungsartikel und Tweets aus der Zukunft, die das Scheitern und die Gründe (intern/extern) beschreiben.
3. Visualisierung: Teilt Eure Ergebnisse und sortiert sie nach den Ursachen des Scheiterns.
4. Priorisierung: Identifiziert die wichtigsten und realistischsten Risiken und Probleme.
5. Ideen: Wie lassen sich diese Risiken minimieren? Sammelt erste Ideen und diskutiert, wie präventiv vorgegangen werden kann, damit das Projekt ein Erfolg wird.
Chancen der Methode:
• Das Gruppendenken, das zum Abilene-Paradox führt, wird überwunden. Dieses Paradox tritt auf, wenn in einer Gruppe eine Handlung initiiert und ausgeführt wird, obwohl einzelne, viele oder sogar alle Gruppenmitglieder diese Handlung ablehnen.
• Eine mögliche Selbstüberschätzung im Sinne von „das schaffen wir schon“ wird sichtbar.
• Dinge werden angesprochen, die üblicherweise nicht thematisiert werden, da es kein angemessenes Format zum Austausch gibt.
• Andere Perspektiven – bspw. durch die Sicht von Stakeholdern oder Mitarbeitenden, die nur indirekt von einem Projekt betroffen sind – werden wahrgenommen.
• Der Blick auf zentrale Punkte, die für den Erfolg eines Projekts oder einer Entwicklung wichtig sind, wird geschärft. Gleichzeitig fördert dies die Zusammenarbeit im Team, das gemeinsam die Ursache für das Scheitern bekämpft.
Darüber hinaus gibt es weitere Vorteile wie ein Out-of-the-Box-Denken, eine frühzeitige Einleitung von Gegenmaßnahmen oder ein stärkeres Commitment auf vereinbarte Ziele.