Belarus (Weissrussland)

Tschernobyl prägt Belarus noch heute

Tschernobyl – die Katastrophe von 1986 beherrscht heute noch die Hilfe auch der Evangelischen Kirche von Westfalen. Belarus (früher Weißrussland genannt) ist ein Vielvölkerstaat mit etwa 81 Prozent Weißrussen sowie polnischen, russischen, ukrainischen, tartarischen und russland-deutschen Minderheiten. Vier von fünf Weißrussen gehören der belarussisch-orthodoxen Kirche an.

Belarus wurde im Jahre 1991 als Nachfolgestaat der gleichnamigen sowjetischen Teilrepublik gegründet. Mit etwa zehn Millionen Einwohnern liegt die von Aljaksandr Lukasenka regierte Präsidialrepublik an der Grenze zu Lettland, Litauen, Polen, der Ukraine und Russland.

In der Hauptstadt Minsk leben etwa 1,7 Millionen Menschen. Belarus hat eine Planwirtschaft mit marktwirtschaftlichen Elementen und schwankt zwischen einer Orientierung an Russland und einer vorsichtigen Öffnung gegenüber der EU. Weißrussland gliedert sich in sechs Verwaltungsbezirke mit 181 Kreisen. Weißrussland ist ein Vielvölkerstaat mit etwa 81 Prozent Weißrussen sowie polnischen, russischen, ukrainischen, tartarischen und russland-deutschen Minderheiten. Vier von fünf Weißrussen gehören der belarussisch-orthodoxen Kirche an, jeder Zehnte ist Mitglied der katholischen Kirche. Evangelisch-lutherische, griechisch-orthodoxe und reformierte Christen wie auch die Juden sind kleine Minderheitskirchen.

Erinnerung und Versöhnung

Von 1941 bis 1944 hatte die deutsche Wehrmacht Weißrussland besetzt. Was bei vielen Menschen in Deutschland in Vergessenheit geraten ist: Unvorstellbar großes Leid und zahlreiche Gräueltaten wurden während dieser Besatzungszeit von den Deutschen in Weißrussland verübt. Am 22. März 1943 verübten deutsche Wehrmachtssoldaten aus Rache für einen Partisanenangriff in dem kleinen Dorf Chatyn bei Minsk ein Massaker an 190 Dorfbewohnern, die sie in der örtlichen Kirche zusammentrieben, einsperrten und anschließend verbrannten. Jeder vierte Weißrusse fiel dem deutschen Terror zum Opfer, darunter fast die gesamte jüdische Bevölkerung.

1986 ereignete sich in Tschernobyl in der Ukraine der größte Atomkraftwerksunfall in der Geschichte der Menschheit. Monatelang bedrückten die Auswirkungen der Kernschmelze in diesem Atomreaktor nicht nur die Menschen in der unmittelbaren Nachbarschaft sondern in ganz Europa. Zahlreiche Menschen starben nach den so genannten „Aufräumarbeiten“. Ein Gebiet 30 Kilometer um das Atomkraftwerk wurde zur Todeszone erklärt, aber auch weite Teile vor allem in Weißrußland wurden radioaktiv verstrahlt. In der Nord-Ukraine und in Süd-Weißrussland gibt es auch heute noch großräumige Sperrgebiete.

Im Anschluss an die Kernkraftwerkskatastrophe bildeten sich in ganz Europa Hilfskomitees und -initiativen, die den von der Reaktorkatastrophe betroffenen Menschen mit Hilfe und Rat zur Seite standen. Auch in der Evangelischen Kirche von Westfalen haben sich zahlreiche Gruppen, Kreise und Gemeinden um die Menschen gekümmert. Und so entwickelten sich auch viele Gruppen, die Kinderfreizeiten in Deutschland für die Menschen aus den verstrahlten Gebieten organisierten. Mittlerweile ist das Engagement zu Belarus noch weiter gewachsen und es gibt Initiativen, die beim ökologischen Hausbau helfen oder die das Thema erneuerbare Energien, Altenpflege und Menschenhandel bearbeiten.

Mehr als 20 Jahre nach der bisher größten Reaktorkatastrophe leben noch immer über eine Millionen Menschen in den verstrahlten Gebieten Weißrusslands. Vier größere Gruppen, die sich in Belarus engagieren, seien hier exemplarisch aufgeführt:

  • Internationales Bildungs- und Begegnungszentrum Dortmund (IBB) e.V.
    Ansprechpartner Peter Junge-Wentrup, engagiert vor allem in der Bildungs-, Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit
  • Heim-statt Tschernobyl e.V.
    Ansprechpartner Pfarrer i.R. Dietrich von Bodelschwingh, engagiert beispielsweise mit dem Projekt ÖkoDom für ökologisches und energiesparendes Bauen
  • BAG Den Kindern von Tschernobyl e.V.
    Ansprechpartner Pfarrer i.R. Burkhard Hohmeyer, organisiert Kinder- und Jugenderholungsfreizeiten für die Tschernobylbetroffenen, engagiert sich gegen den Menschenhandel in Belarus
  • Kinderzentrum Nadeshda
    Ansprechpartner Ralf Höffken, ein Projekt der Männerarbeit in der Evangelischen Kirche von Westfalen

Darüber hinaus gibt es zahlreiche, weitere kleine und große kirchliche und nicht-kirchliche Gruppen in Westfalen, die für Weißrussland engagiert sind.

Außerdem pflegt die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) eine Partnerschaft zur orthodoxen Kirche in Belarus. Die weißrussisch-orthodoxe Kirche (BOK) ist eine Kirche in Teilabhängigkeit von der russisch-orthodoxen Kirche (ROK) – dem sogenannten Moskauer Patriarchat. Sie wurde 1991 gegründet und hat ihren Sitz in der Hauptstadt Minsk. Die EKvW pflegt zudem langjährige Beziehungen zum Saints Methodius and Cyrill Educational Center in Minsk. Aktuell erschwert und belastet Russlands Krieg in der Ukraine auch die Beziehungen zu den belarussischen Partnern.

  • AKUDOWITSCH, Valentin: Der Abwesenheitscode. Versuch, Weißrussland zu verstehen, Berlin, 2013
  • HOLTBRÜGGE, Dirk: Weißrußland, Beck´sche Reihe, Länder, München, 1996
  • JAEGER, Ulrike (Hg.): Die vergessenen Frauen vom Narotschsee, Luther-Verlag, Bielefeld

Kontakt: Pfarrer i.R. Peter Ohligschläger, PHOlig@t-online.de, Tel.: 49 (231) 416456

Internet: www.minsk-kreis.de

Kontakt

  • Annika Huneke
  • 0231 5409-72

  • Kirchenpartnerschaften in Europa und Amerika, Aktion “Hoffnung für Osteuropa”